Straßenverkehr, CanG, empfohlener Grenzwert, Gesetzeslage und Cannabispatienten

Neuerungen Can G, empfohlener Grenzwert, Gesetzeslage

Neuerungen CanG

Jeder weiß, der Konsum von Cannabis ist nicht verboten. Er gilt nur als Selbstschädigung, wie der Konsum von Alkohol, Nikotin, Zucker oder anderen den Körper schädigenden Stoffen, die man auch eigenverantwortlich zu sich nehmen kann.

Bisher war Cannabis jedoch im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) angesiedelt (, wo Alkohol eingedenk seiner Auswirkungen auch hingehört hätte) und unterlag daher gewissen Verboten.

Nun ist Cannabis aus dem BtMG herausgenommen und damit ist vieles anders geworden. Zum Beispiel ist der Besitz nicht mehr grundsätzlich strafbar und führt daher auch nicht mehr zu Untersuchungen als Auflage beim Führerscheinbesitz.

Ich habe mal versucht, zusammenzufassen, was die aktuell gültige Rechtslage nach CanG hierzu ist: (Bitte beachtet, dass ich keine Juristin bin. Also ist nichts hiervon rechtsverbindlich)

  • Öffentlicher Raum: Besitz von bis zu 25g getrocknetes Pflanzenmaterial (§3(1) CanG)
  • Wohnsitz: Besitz von 50g getrockneten Pflanzenmaterials, egal ob schon getrocknet oder 3 lebenden blühenden Pflanzen. Unbegrenzt viele nicht blühende Pflanzen, Samen am Wohnsitz (§3 (1) 1. und 2. CanG) aus EU über den privaten Import (§4 (2) CanG) (incl. des Materials das man mit sich führen darf)

Schutzmaßnahmen Sicherungsmaßnahmen vor dem Zugriff unbefugter Dritter, Vorhängeschloss, Zaun, etc. (§10 CanG)

Strafbar: mehr als 30 g öffentlicher Raum, mehr als 60 g Wohnsitz,

  • Mehrpersonenhaushalt – Aufbewahrung getrennt, sonst Zusammenbesitzwertung (strafrechtlich)
  • Rechtssichere Entsorgung ungeregelt.

Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung, ab 18 Jahre, auf 6000 Einwohner 1 Verein (§2 (3)4. CanG) nur kostendeckend, dokumentierte Abgabe, Testung von THC, Einzeltransaktionen dürfen nicht abgerechnet werden

  • Erwerb von Cannabissamen und Vermehrungsmaterial über eine Anbauvereinigung (§4 (2} CanG).

Erwerb von mehr als 7 Samen oder 5 Stecklingen (bzw. in Kombination insgesamt von mehr als 5) pro Monat (§20 (3) CanG)

  • Erwerb getrocknetens Pflanzenmaterials: Höchstmengenabgabe

Über 18 Jahre: 25 g – 30 g bis 10% THC pro Kalendermonat + Beipackzettel (THC-Sorte, Ablaufdatum)

Ab 21 Jahre: 25 g pro Tag, 50 g pro Kalendermonat

  • Konsum im öffentlichen Raum:

Nichtraucherschutzgesetz gilt auch hier, ohne Vorsatz = fahrlässig

  • nicht in Anwesenheit von Personen unter 18 Jahren (§5 (1) CanG
  • nicht innerhalb von 100 m Sichtentfernung zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten, Spielplätzen Anbauvereinigungen,·Fußgängerzonen von 7-20Uhr (§5 (2) CanG)
  • nicht auf Gebieten der Bundeswehr (§5 {3) CanG)
  • Straßenverkehr bis zu einem Grenzwert von 1(3,5) ng/ml THC ohne Auffälligkeiten erlaubt,

Was ist verboten?

  • Die Einfuhr, Ausfuhr, Weitergabe, der Erwerb und Handel von Cannabis und Pflanzenmaterial (§2 (1) CanG) Reisen mit Cannabis in jeder Form außerhalb der BRD, außer Cannabispatienten mit Schengenformular (§2 (1) CanG)
  • Extraktion von Cannabinoiden (außer CBD) aus Pflanzenmaterial (§2(2) CanG)
  • Teilnahme am Straßenverkehr bei regelmäßigem übermäßigem Missbrauch und Abhängigkeit (FeV 9.2.1 und 9.2.3)
  • Konsum bei Jugendlichen nicht mehr strafbar (nur verwaltungsrechtlich verboten,
  • Folge: Erziehungsberechtigte benachrichtigen, FRED(etc.) Intervention bei gewichtigen Gründen auch Information des Jugendamtes, weiteres Vorgehen bei mehrfachen Vergehen ungeregelt

Die Anbauvereinigungen sind noch nicht etabliert, geplant ist deren Einführung für den 01.07.2024. Zu diesen Vereinigungen gibt es dann noch viele weitere Regulierungen. Diese sind hier jedoch nicht relevant, denn unser Thema ist ja die Fahrerlaubnis.

Grenzwert

Aktuell ist der Grenzwert, der von den Gerichten und zuständigen Stellen genutzt wird, noch 1 ng/ml. Die Empfehlung der Grenzwertkommission zu 3,5 ng/ml muss erst noch bestätigt werden. Man kann sich also aktuell noch nicht auf diesen Grenzwert berufen. Dafür sind wahrscheinlich, wie damals beim Grenzwert 1 ng/ml die Gerichte in Einzelfallbeurteilungen verantwortlich.

Allerdings spielt der Grenzwert aktuell auch erst bei zwei Auffälligkeiten im Straßenverkehr eine Rolle. Vorher war schon die erste Auffälligkeit ausschlaggebend. Diese wurde von der Polizei unabhängig von der Höhe der Grenzwertüberschreitung, an die Fahrerlaubnisbehörden weitergegeben und führte, wie auch der Besitz, zu rechtlichen Konsequenzen.

Die neuen Regelungen im Verkehr

Die Änderungen in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und der Anlage 4 FeV führen zu Veränderungen bei den Führerscheinstellen und dem Umgang mit Cannabiskonsumenten.

  • 13 a FeV  verlangt nun zwei Auffälligkeiten über dem jeweils gültigen Grenzwert (MPU), sonst passiert, außer der Meldung an die Fahrerlaubnisbehörde nichts. Es sei denn, der THC-COOH (Carbonsäure-Wert) legt nahe, dass jemand im Missbrauchsbereich konsumiert. Ausnahmen sind vorheriger Entzug, bekannte Abhängigkeit (ärztliches Gutachten) oder Verdacht der Abhängigkeit sowie Anzeichen auf Missbrauch (MPU).

Relevant ist hier für alle Ersttäter, § 13 a Abs 2. b) FeV: die wiederholten Zuwiderhandlungen. Die meisten Freizeit- oder Genusskonsumenten mit MPU Anordnung haben bisher eine einmalige Auffälligkeit mit Cannabis über dem Grenzwert von 1 ng/ml gehabt. All jene dürfen sich jetzt freuen, denn solange der Carbonsäure-Wert (THC-COOH) unter 150 ng/ml liegt, erhalten sie (ohne weitere Auflagen) ziemlich sicher ihren Führerschein zurück.

Über 150 ng/ml THC-COOH kann man jedoch (nach Daldrup) von einem regelmäßigen Konsum ausgehen und es könnte 1. und dann 2.a) greifen. Ist jedoch noch nicht wirklich geklärt.

Hier eine Vorlage für ein Anschreiben an die Führerscheinstelle (Ersttäter ohne THC-COOH über 150 ng/ml

[Alles noch ein wenig undurchsichtig, auch für die Verwaltungsstellen. Schon, dass der § 13 a heißt statt an § 14 FeV angegliedert wurde und zuvor nirgendwo bekannt war, dass er geschaffen wird. Schräg und für die Führerscheinstellen gerade eine echt schwierige Situation, darum seid bitte nett und höflich!] 

Auch in der Anlage 4 FeV  gibt es Änderungen

Neu ist 9.2 Einnahme von Cannabis und die Umgestaltung einiger der folgenden Punkte:

Nr. 9.2.1 Missbrauch (Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum [über dem jeweils aktuellen Grenzwert] können nicht sicher hinreichend getrennt werden) und Nr. 9.2.2 Beendigung des Missbrauchs.

Ein die Fahreignung ausschließender Missbrauch liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Springender Punkt ist hier der Begriff des die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsums. Der zeigt sich u.a. im sogenannten Torkelbogen den der Arzt vor Ort ausfüllt. Das Fahrverhalten allein, außer bei sichtbaren Fahrauffälligkeiten oder bei einem Unfall, wäre bei Cannabiskonsum eher unwahrscheinlich, vielleicht etwas langsam, andere behindernde Fahrweise und nicht ganz so sicher die Spur haltend.

Hiermit ist nun nicht mehr in Abgrenzung zur vormaligen Rechtslage, einfach fehlendes Trennungsvermögen bei gelegentlichen Konsummuster gemeint, sondern eine nachvollziehbare Einschränkung der Fahrsicherheit. Das wäre dann, nach Annahme der Grenzwertkomission ab 3,5 ng/ml (entsprechend 0,2 ‰) der Fall. Sollte das dadurch belegt sein, oder durch die Aussagen der Polizei, so könnten auch andere Gesetze greifen. (s. § 315 / § 316)

Natürlich gelten 9.2.3 Abhängigkeit und 9.2.4 nach Abhängigkeit (und Entwöhnungsbehandlung), 9.3 Abhängigkeit … von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen nach wie vor.

9.4 missbräuchliche Einnahme (regelmäßig übermäßiger) Gebrauch, ist ebenfalls auch für Cannabis gültig. Damit ist jeder gemeint, der den problematischen Konsum psychoaktiver Stoffe regelmäßig und übermäßig praktiziert. Regelmäßig ist wiederum definiert durch Daldrup: über 150 ng/ml THC-COOH.

Schwierig, denn juristisch ist regelmäßig ebenfalls definiert und bezeichnet eine wiederkehrende Handlung, Vorgehensweise oder einen Zustand, der sich in bestimmten Zeitabständen oder in einer gewissen Häufigkeit wiederholt.

Regelmäßiger übermäßiger Gebrauch von psychoaktiven Stoffen bezieht sich damit also auf den Konsum von Substanzen, die die übliche Dosierung und die empfohlene Häufigkeit der Einnahme übersteigen. Das haben wir in Deutschland in Bezug auf Cannabis, bis auf die Definition von Substanzgebrauchsstörung, noch nicht wirklich abschließend geregelt. Auch die Begutachtungsleitlinien zur Fahreignung haben Missbrauch und Abhängigkeit definiert. Diese besitzen jedoch keine Rechtsverbindlichkeit im Sinne eines Gesetzes.

Dafür gibt es jedoch Untersuchungen in Kanada

Dort hat man „Leitlinien für den Konsum von Cannabis“ erstellt, die in Zukunft vielleicht auch für Deutschland Gültigkeit erlangen könnten.

Daraus die Empfehlung Nr. 5:

Menschen, die Cannabis konsumieren, sollten auf häufigen (z. B. täglichen oder fast täglichen) oder intensiven (z. B. Essattacken) Cannabiskonsum verzichten und sich stattdessen auf weniger häufigen oder gelegentlichen Konsum beschränken. Häufige oder intensive Konsummuster sind stark mit einer Vielzahl schwerwiegender negativer Folgen für die geistige und körperliche Gesundheit (z. B. einschließlich neurokognitiver Defizite und Abhängigkeit) und psychosozialer Bereiche verbunden. Dies gilt insbesondere für den intensiven Konsum bereits in jungen Jahren und den anhaltenden („chronischen“) Konsum über längere Zeiträume. Im Idealfall sollten Menschen, die Cannabis konsumieren, ihren Cannabiskonsum auf gelegentlichen oder seltenen Konsum beschränken (z. B. nur an 1 oder 2 Tagen pro Woche, nur am Wochenende) und wiederholten, intensiven „Binge“-Konsum tagsüber oder nachts über längere Zeiträume hinweg vermeiden.

Zurück zum Straßenverkehr: Kommt es zusätzlich zum Konsum zu einer konkreten Gefährdung anderer, liegt eine Straftat nach § 315c StGB vor: Gefährdung des Straßenverkehrs. Hier drohen Strafen bei Verhalten, das unter Cannabiseinfluss schon eher geschehen könnte.

Hier könnte man dann sogar eine Fahrlässigkeit unterstellen. Das wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Fahrlässigkeit wird gemäß definiert („Verantwortlichkeit des Schuldners“): „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“ Im Gegensatz zum Vorsatz wird die Folge des Handelns nicht willensmäßig herbeigeführt. Die einfache Fahrlässigkeit ist Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB: sie liegt vor, wenn eine Person die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Das nächste Gesetz wäre dann § 316 Trunkenheit im Verkehr (Trunkenheit meint hier alles, was die Fahreignung beeinflusst, nicht nur Alkohol)… infolge des Genusses alkoholischer … anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

Also: THC im Blut über 3,5 ng/ml + zusätzlich drogenbedingte Fahreignung einschränkende Ausfallerscheinungen können teuer und mit unangenehmen Strafen belegt werden.

Zwar muss von Indizien auf eine Beeinträchtigung des Täters geschlossen werden, die dem Tatbestand des § 316 Abs. 1 StGB genügt. Eine (relative) Fahruntauglichkeit nach Konsum von psychoaktiven Stoffen, also Cannabis, lässt sich aber feststellen und auch falls Umstände erkennbar sind, die über die allgemeine Drogenwirkung bzw. Drogenenthemmung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Konsument in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen ist.

Daneben gibt es noch § 315b Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr   oder auch § 315 c.

Inwieweit die bisherigen Carbonsäurewerte zur Verdichtung des Verdachts auf Missbrauch und eingeschränkte Fahreignung miteinbezogen werden, was rein wissenschaftlich möglich ist, wird sich zeigen. Wer täglich konsumiert, hat ein Konsummuster, welches die Fahrsicherheit beeinträchtigt. Missbrauch dürfte also letztliche für „regelmäßigen Konsum“ ohne Trennvermögen stehen.

Nach Beendigung des Missbrauchs soll die Fahreignung auch erst wieder gegeben sein, wenn die Änderung des Cannabiskonsumverhaltens gefestigt ist. Über die Hypothese D3 der Beurteilungskriterien dürfte dann die MPU weiterhin mit 6 Monaten Abstinenz belegt sein, bei Abhängigkeit mit 15 Monaten.

Spannend ist hier auch das Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 24a 0,5 Promille-Grenze, in Abs (2) steht ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird.

Hier haben die Cannabis-Patienten bisher mit Satz 1, das gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt, einen Sonderfall dargestellt.

Für Cannabispatienten gibt es keine Regelung, die gegen Konsumcannabis oder Anbauvereinigungen spricht. Allerdings ist das Vorgehen der Krankenkassen und Ärzte bisher ungewiss.

Dafür müssen Patienten, die jetzt mit mehr als 25 g Medizinalcannabis angehalten werden oder mehr als 50 g am Wohnsitz aufbewahren, sich als Patienten outen, könnten bei Mischkonsum mit Freizeitcannabis und dementsprechend großen Besitzmengen in den Verruf geraten, Handel zu betreiben und unterliegen natürlich auch dem Abstandsgebot.

Daneben wird bei einem Mischkonsum aufgrund des höchstwahrscheinlich über dem jeweiligen aktuellen Grenzwert liegenden THC-Wertes eine weitere Fragestellung in der MPU aufgeworfen, macht diese schwieriger und teurer.

Für Patienten wird in Zukunft, zumindest in Rheinland-Pfalz, jedoch gelten, dass immer ein fachärztliches Gutachten angeordnet wird. Den Telemedizinern und den („Lifestyle“-) Patienten, die aktuell „legales Cannabis“ in der Apotheke beziehen, scheint zu verdanken, dass Cannabispatienten jetzt strenger reglementiert werden.

Ein ärztliches Gutachten wird hier dann übrigens letztendlich nicht reichen, denn im Normalfall enthält das keinen Leistungstest unter Medikation. Dieser muss aber durchgeführt werden und so werden Cannabispatienten in Zukunft bei der MPU landen.

Hier ist es empfehlenswert vorher einen Leistungstest bei einem privaten Verkehrsmediziner zu machen, den dann der Führerscheinstelle vorzulegen falls ein fachärztliches Gutachten gefordert wird. Zumindest einige Sachbearbeiter werden dies anerkennen und keine MPU fordern.

Insgesamt hat das CanG einiges geregelt und erlaubt, aber andere Lebensbereiche zu ungeregelt gelassen und Schwierigkeiten und Paradoxe produziert.