Schwierigkeiten des Arztes
Warum wollen Ärzte keine Cannabis Medikation verschreiben?
- Sie arbeiten aktuell noch ohne qualitativ hochwertige Evidenz von Studien, ohne eindeutige Indikationsliste, so dass hier großer Druck von Krankenkassen und Patienten auf den Arzt ausgeübt wird.
- Gleichzeitig gibt es noch keine qualifizierte Ausbildung, es besteht mangelnde Erfahrung (insbesondere mit Blüten) und therapierelevanten Cannabinoiden, Terpenen. Diese werden bei Studien oft nicht berücksichtigt.
- Informationen zur Dosierung von nicht zugelassenen Cannabisarzneimitteln (insbesondere Blüten) stehen nur im sehr begrenzten Umfang zur Verfügung.
- Weiterführende Informationen finden sich u.a. auf der Internetseite der kanadischen Behörde Health Canada unter dem Titel „Information for Health Care Professionals“.
- Das BfArM übernimmt keinerlei Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Informationen.
- Eine Übersicht zur Anwendung von Cannabisprodukten findet sich z. B. im JAMA. 2015 Jun 23-30;313(24): 2456-73 unter dem Titel „Cannabinoids for Medical Use: A Systematic Review and Meta-analysis, verfasst von Whiting PF, et al.“
- Ärztinnen und Ärzte sollten sich in eigener Verantwortung über den wissenschaftlichen Sachstand informieren.
- Das BfArM kann – wie bei anderen Arzneimitteln auch – keine Therapieempfehlungen zur Anwendung von Cannabisarzneimitteln geben.
Ungeklärte Rechtssicherheit für den Arzt
- Kaum / Keine Therapieleitlinien (an denen die ärztliche Behandlung im Schadens-, Regressfall gemessen wird)
- Fehlende Dokumentationsstandards
§ 12 Abs. 1 SGB V: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ - Unklare Preisgestaltung
- Medikation ist im Budget, anders als Opioide
- Blüten gelten in einigen Bundesländern als unwirtschaftlich – Patientenwanderung
- Auch wenn die Krankenkasse die Therapie befürwortet schließt dies eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht aus.
Verfahrensrechtliche Stellung des Arztes
- § 21 Abs. 1 Nr. 2 SGB X
- Die Behörde kann Zeugen/Arzt vernehmen oder schriftl. Äußerungen einholen
- Pflicht zur Aussage gem. § 100 SGB X
- Arzt ist verpflichtet dem Leistungsträger Auskunft zu erteilen
- Vernehmung durch das Sozialgericht § 22 SGB X
- Verweigern Zeugen die Aussage kann die Behörde das zuständige Sozialgericht um die Vernehmung bitten
Verfahrensrechtliche Stellung des Arztes
- § 278 StGB
Ärzte die ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft - § 279 StGB
Wer um eine Behörde über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand zu täuschen, von einem Zeugnis in der in § 277, 278 bezeichneten Art Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.
Organisationsaufwand für den Arzt
- Therapie ist erst im Verlauf beurteilbar (Häufige, oft kurzfristige Termine)
- Aufwendige Verlaufsdokumentation
- Aufwendige Rezeptdokumentation (häufig mehrfache Rezeptanforderung)
- Die Begleitdokumentation ist eindeutig den Ärzten zuzuordnen (Btm-Bestellnummer)
- Erstellen von Attesten, Bescheinigungen
Schwierigkeiten bei der Begründung
- Zweck nur so erreichbar (alternative Therapieverfahren wirken nicht so gut, haben stärkere Nebenwirkungen)
- Im BtmG:
Nie 1. Medikationsoption – keine Überschreitung der Höchstmenge - In der Dokumentation:
Durchschläge von Btm-Rezepten aufbewahren. (Ordnungswidrigkeit)
Tabelle mit Rezept-Nummer, Datum, Name anlegen
Schwierigkeiten bei der Rezeptur
- Handhabung der Apotheken ist kontraproduktiv Cannabisblüten müssen gemahlen und durch ein 2 mm Sieb gegeben werden
- Aber:
Pflanze wird so stark beschädigt, das die Oxidation von THC zu Cannabinol beschleunigt wird - Das bedeutet Nachteile bei der reproduzierbaren Dosierung für den Patienten
Schwierigkeiten bei der Verordnung
Cannabisblüten – 100 g – 30 Tage, Dronabinol – 50 g – 30 Tage
- Überschreitung der Höchstmenge sind möglich… und manchmal erforderlich
– falls es keinen 31 Tage-Rhythmus gibt
– Tagesdosen im Monat nahe der Höchstverschreibungsmenge
– Rezept nicht eingelöst wurde (das vollständige Rezept aufbewahren)
…in diesen Fällen lieber ein A zu viel
Beängstigende Kostenargumentationen der Krankenkassen
Bei einem zulässigen Monatsbedarf bis zu 100 g Bedrocan (Blüten) mit 22% THC entspricht dieser 22.000 mg
Das heißt das Fertigarzneimittel 20 ml Dronabinol
2,5 % THC reicht nicht mal für einen Tag
Die Preisargumentation der Krankenkassen ist auch ohne den Vergleich mit deutlich kostenintensiveren anderen Medikationen nicht nachvollziehbar.
Die Stellung der Ärzte ist unsicher, mit sehr viel Arbeitsaufwand verbunden und diese wird auch noch sehr schlecht bezahlt, nicht nur im Verhältnis zum Risiko…
2,95 Euro – Aufklärung über Begleiterhebung / Aushändigung Infoblatt
9,70 Euro – Datenerfassung und Übermittlung im Rahmen der Begleiterhebung
15,06 Euro – Ärztliche Stellungnahme für die Krankenkasse bei Beantragung einer Genehmigung zur Verordnung von Cannabis